Interview mit Amazon Programme
Der Internet-Versandhandel Amazon> (einst reiner Buchhändler) gilt als Erfinder des mittlerweile klassischen Internet-"Partnerprogramms". Stefan Zwanzger (Geldverdienst.de) sprach am 27.6.2001mit dem Partnerprogramm-Beauftragten Christian Dyck von Amazon darüger, ob die garantierten 15% Werbekostenerstattung überhaupt tragbar sind...



Zwanzger (Geldverdienst.de): Stimmt es, daß Jeff Bezos - Chef von Amazon.com - der Erfinder des Internet-Partnerprogramms ist?

Dyck (Amazon.de): Das stimmt. Das Partnerprogramm war eine der ersten Erfindungen nach dem Launch der Amazon-Website. Eine witzige Geschichte: Bezos wurde auf einer Party in Seattle von einer Bekannten angesprochen, die ebenfalls eine Website besaß und gehört hatte, daß Jeff Bezos Bücher verkauft. So fragte sie ihn, ob es möglich wäre, ebenfalls Bücher auf ihrer eigenen Seite anzubieten. Durch diese Anfrage ist eigentlich die Idee enstanden, die Bücher, die Amazon anbietet und verkauft, auch anderen Websites zur Präsentation anzubieten, um den Verkehr der anderen Webseiten zu Amazon zu leiten und dort den Kauf zu generieren. Amazon übernimmt auf diese Weise das gesamte Back-End und das Shipment - und der Partner, der diesen Kauf vermittelt, bekommt letztendlich eine Werbekostenerstattung. Diese Idee ist tatsächlich auf einer Party in Seattle entstanden.


Geldverdienst.de: Amazon.com hat ein Patent auf Partner-Verlinkungen. Was genau unterliegt da jetzt eigentlich dem Patentschutz?

Amazon.de: Vielleicht ein bißchen zur Geschichte dieses Patents: kurz nachdem letztendlich die Idee entstanden ist, ein Partnerprogramm aufzubauen und das Ganze auch auf eine solide Softwarebasis zu stellen und im breiten Stil durchzuführen, hat Amazon.com beschlossen, diese Idee auch als Patent anzumelden. Es ist relativ üblich für große Firmen, die in bestimmten Bereichen führend sind - und Amazon ist eben führend im e-commerce - Patente anzumelden! Und es hat auch relativ lange gedauert, bis das Patentamt dieses Patent tatsächlich dann auch anerkannt hat. Das war erst letztes Jahr. In der Zwischenzeit sind aber relativ viele andere Programme, die auf ähnlichen Ideen beruhen, ebenfalls ins Leben gerufen worden, so daß wir dieses Patenrecht bisher nie ausgeübt haben und es im Moment auch nicht so aussieht, daß wir ausüben werden. Nicht zuletzt deswegen, weil wir unseren Partnern dadurch auch die Chance verbauen würden, an anderen Partnerprogrammen teilzunehmen. Was jetzt im einzelnen ganz genau unter den Patentschutz fällt, kann ich im Moment gar nicht sagen.


Geldverdienst.de: Gilt ein US-Patent eigentlich auschließlich in den USA oder auch z.B. in Europa?

Amazon.de: Unser Patent basiert auf dem amerikanischen Rechtssystem. Ich weiß - um ehrlich zu sein - nicht, inwieweit amerikanische Patente auch für den europäischen Markt gelten.


Geldverdienst.de: Steht eigentlich der Verkaufspreis - beispielsweise eines Buches - noch in einem vernünftigen Verhältnis zum Einkaufspreis, wenn man die 15% Werbekostenerstattung und die Versandkosten abzieht?

Amazon.de: Wir sind der Meinung, daß das schon im Verhältnis steht! Wir bieten generell 5% für alle Artikel an, die über einen Link gekauft werden, und zahlen für den Buchbereich sogar 15% des Nettoartikelpreises, wenn der Verkauf über einen direkten Link zustande kommt. Das erklärt sich dadurch, daß man sich, um einen direkten Link in den Buchbereich installieren zu können, viele Gedanken machen muss, welche Artikel man wirklich präsentieren will. Und diesen Mehraufwand, den der Partner hat, entlohnen wir mit 15%. Im Buchbereich können wir das auch sehr gut machen und sind davon überzeugt, daß wir uns dadurch von anderen Partnerprogrammen ein bißchen abheben und einen besonderen Anreiz für Partner bieten, ihre Produktgestaltung auch entsprechend qualitativ hochwertig zu gestalten.
Rechts ist Christian Dyck!

Amazon.de-Pressesprecher Felix Petzel und Partnerprogramm-Chef Christian Dyck


Geldverdienst.de: Also das rechnet sich?

Amazon.de: Wir denken, daß es sich für uns noch rechnet und der Anreiz groß genug ist, es anzubieten.


Geldverdienst.de: Gut! Wenn nun alle Amazon-Kunden ihre Bücher über Partner-Links kaufen würden, würden Sie dann noch Bücher verkaufen?

Amazon.de: Ich sehe da im Grunde genommen gar keine große Gefahr, wir sind letztendlich ein riesengroßer Buchhändler und haben auch einen sehr großen Kundenstamm, der direkt zu uns kommt. Unsere Partnerseiten beschäftigen sich in der Regel mit einer relativ spezifischen Zielgruppe. Und wir haben auch die Erfahrung gemacht, daß unsere Kunden tatsächlich gerne zu der Partnerseite zurückkehren, weil sie da eben außer einer bestimmten Produktpräsentation weitere Informationen vorfinden, die sie interessieren. Das heißt, die spezifischen Zielgruppen gehen tatsächlich auch zu den spezifischen Websites. Die meisten Kunden haben aber gar nicht unbedingt eine wirklich zielgruppenspezifische Idee im Kopf, wenn sie ein Buch kaufen wollen und begeben sich daher auch direkt zu einem großen Buchhändler, sprich Amazon.de. Deshalb ist das Szenario sehr interessant, aber im Grunde unrealistisch.


Geldverdienst.de: Dann nehmen wir mal die Tante und den Neffen. Der Neffe sagt: Tante, wir können jetzt alle Bücher für 15% weniger kaufen, ich bestelle über Dich und Du über mich!" Und das machen alle so. Was dann?

Amazon.de: Wenn das alle so machen würden, müssten wir wahrscheinlich das gesamte Konzept überdenken. Tatsächlich ist es so, daß Eigenbestellungen bei uns im Partnerprogramm nicht gestattet sind. Wenn jemand sich bei uns anmeldet und über seinen eigenen Link bei uns einkauft, erhält er dafür keine Werbekostenerstattung, nicht zuletzt weil dieser Vorgang auch dem Buchpreisbindungsgesetz widersprechen würde. Unsere Erfahrung ist auch, daß diese Eigenbestellungen nicht oft vorkommen. Die Partner haben tatsächlich Interesse daran, Bücher über ihre Seite zu verkaufen bzw. einen zielgruppenspezifischen Inhalt in Form von Produkten zu integrieren. Deshalb sehen wir da gar kein Problem.


Geldverdienst.de: Was denkt Amazon über Partnerprogramme, die Cookies setzen, sprich den Verkauf auch noch nach einer Woche oder einem Monat provisionieren?

Amazon.de: Das ist ein sicherlich interessantes Konzept, kommt für uns aber derzeit nicht in Frage, weil unter den Partnern selber möglicherweise Unstimmigkeiten entstehen könnten über die Frage, wer denn nun die Provision für einen bestimmten Kauf bekommt. Wir sind eigentlich der Auffassung, daß wir mit diesem leistungsabhängigen Modell sehr gut fahren. Wenn ein Kauf über einen Partnerlink generiert wird, bekommt der Partner einen bestimmten Umsatz für diesen einen Kauf - und damit war's das!