Interview mit der deutschen Internet-Aufsichtsbehörde Programme
Foto (C) by Stefan Zwanzger

Die Regierung von Mittelfranken wacht bayernweit
über die Einhaltung vom Mediendienstestaatsvertrag



Muss man einen Banner mit "Werbung" kennzeichnen?
Sind Seiten voller Werbelinks legal?



Geldverdienst.de-Betreiber Stefan Zwanzger und Veronika Huber waren am 5.10.2001 zu Besuch bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach, die bayernweit das Gebot der Trennung von Werbung und Inhalt in den Medien überwacht und sprachen mit Regierungs- beauftragten Manfred Ilgenfritz und Kollege über Bannerwerbung, Textlinks, Partnerprogramme, Verordnungen und Bestrafungen...


Geldverdienst.de: Wo liegt das Problem, wenn in der Presse Werbung und Inhalt vermischt werden?

Kontrollbehörde: Das Problem der Vermischung von Werbung und informativem Inhalt ist ein Grundsatz aus dem Presserecht, den es schon immer gegeben hat. Dieser will die Information den Betroffenen klar zur Verfügung stellen, unbeeinflußt von wirtschaftlichen Werbezwecken! Im Grundgesetz ist der Auftrag der Presseinformation der Bürger - und diese soll ferngehalten bzw. zumindest in Distanz zu wirtschaftlichen Motivationen stehen!


Geldverdienst.de: Seit wann ist das so, daß sich der Staat da einschaltet?

Kontrollbehörde: Die Presseaufsicht im übrigen Sinne gibt es ja schon immer. Das Recht der neuen Medien ist mit dem Bildschirmstaatsvertrag Anfang der neunziger Jahre gestartet und jetzt abgelöst worden vom Mediendienstestaatsvertrag mit den heutigen Regeln.


Geldverdienst.de: Dieser "Mediendienstestaatsvertrag" wird ja von Ihrer Behörde hier überwacht. Wann ist der denn entstanden und wer hat den verfasst?

Kontrollbehörde: Der Mediendienstestaatsvertrag ist eine Vereinbarung der Bundesländer zum Recht der neuen Medien. Die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern sind da getrennt: der Presse/Rundfunk-Bereich liegt in der Hand der Länder, der Bereich Teledienste beim Bund; und da die Länder dort ihren eigenen Bereich selber regeln wollten, hat man den Staatsvertrag über Mediendienste geschlossen. Der erste Staatsvertrag stammt aus dem Jahr 1997 und jetzt gibt es eine Neufassung ganz aktuell aus dem Jahre 2001.


Geldverdienst.de: Kommen wir zu Internet-Websites bzw. Homepages. Inwieweit ist denn der Mediendienstestaatsvertrag darauf anwendbar?

Kontrollbehörde: Das fällt nun zurück auf die Unterscheidung zwischen Telediensterecht und zum anderen Mediendiensterecht. Die Unterscheidung ist da oft recht schwierig und im Einzelfall auch strittig! was die einen für einen Mediendienst halten, erachten die anderen noch für einen Teledienst usw. Die große Masse insbesondere der privaten Homepages werden aber wohl im Bereich Teledienst unterzubringen zu sein, der kleinere Teil sind da die Mediendienste. Es gibt bei der bundesweiten Organisation Jugendschutz.net, die für den Jugendschutz im Medienbereich zuständig ist, eine recht gute Veröffentlichung zu der Unterscheidung Tele/Mediendienste. Die ist da recht hilfreich!


Geldverdienst.de: In aller Kürze für die Leser: Was ist ein Mediendienst? Und was ein Teledienst?

Kontrollbehörde: Der "Mediendienst" wird aus dem Pressehintergrund heraus in Richtung Meinungsbildung gesehen, während der "Teledienst" alles andere ist, sprich diese Einzelkontakte zwischen Anbieter und Nutzer - Informationen, die einfach breitgestreut werden, aber nicht in Richtung Medien, Presse, Meinungsbildung gehen...


Geldverdienst.de: Ist ein Fernsehsender eigentlich ein Mediendienst?

Kontrollbehörde: Da gibt es wieder andere Regeln: den Rundfunkstaatsvertrag! Aber im Zweifelsfall dann natürlich eher ein Mediendienst! Videotexte zum Beispiel sind eindeutig im Mediendienste- staatsvertrag genannt; jetzt nicht das klassische Fernsehen mit der Darbietung von Filmen und Sendungen, sondern diese reinen Textdienste!
Regierung, Geldverdienst, Regierung

Regierungsbeauftragter Manfred Ilgenfritz (links) und Kollege (rechts), Co-Moderatorin für Geldverdienst.de - Veronika Huber - in der Mitte.



Geldverdienst.de: Ist die Trennung von Werbung und Inhalt eigentlich auch für "Teledienste" vorgeschrieben?

Kontrollbehörde: Nein. Da gibt es keine Regeln.


Geldverdienst.de: Und die Grenzen zwischen "Teledienst" und "Mediendienst" sind ja sehr strittig, wie ich das gerade verstanden habe!

Kontrollbehörde: Ja.


Geldverdienst.de: Gibt es eine Kommission, die das Ganze etwas zu regulieren versucht?

Kontrollbehörde: Eine Kommission in dem Sinne eigentlich nicht, entscheiden muss es die Aufsichtsbehörde im konkreten Fall. Es gibt allerdings natürlich Gesprächsrunden unter den Aufsichtsbehörden bundesweit, um einen gewissen einheitlichen Standard herbeizuführen. Dort einigt man sich über Grundsätze "Wo Teledienst?", "Wo Mediendienst?" und stimmt dann strittige Fragen ab.

"Ein Banner muss man nicht kennzeichnen"

In Ansbach: Manfred Ilgenfritz (Regierung)
Stefan Zwanzger (Geldverdienst.de, rechts)


Geldverdienst.de: Auch bei den Internetseiten ist es strittig, was jetzt ein Mediendienst und was ein Teledienst ist...

Kontrollbehörde: Das ist richtig.


Geldverdienst.de: Was wäre zum Beispiel mit der Internetpräsenz der "Süddeutschen Zeitung"?

Kontrollbehörde: Das wäre eher ein Mediendienst.


Geldverdienst.de: Und eine private Website eher ein Teledienst...

Kontrollbehörde: Richtig, ja!


Geldverdienst.de: Zur Online-Werbung: Nehmen wir das Amazon-Partnerprogramm, bei dem man für einen Textlink - wenn dadurch ein Kauf zustande kommt - 15% Provision bekommt. Ist das Ihrer Definition nach ein Werbelink?

Kontrollbehörde: Das ist sicher ein Werbelink, zweifelsohne geht das in Richtung wirtschaftliches Interesse!


Geldverdienst.de: Jetzt ist es ja schwierig, zu sagen, man solle einen Link kennzeichnen, weil es ja diesen Textlink in den klassischen Medien nicht gab. Ein einzelnes Wort konnte nie ein wirtschaftliches Interesse "hinter sich" haben insoweit, daß daraus dann ein Kauf und daraus wieder eine Provision entstand! Wie stellt sich die Verordnung das vor?

Kontrollbehörde: Es ist ja gar keine Kennzeichnung mehr vorgeschrieben, sondern nur die Trennung. Wenn man die Entwicklung anschaut, ist das eigentlich ganz interessant: zunächst gab es diese Versuchsreihen mit dem Bildschirmtext in Berlin und Düsseldorf . Damals war noch vorgeschrieben, daß bei Werbung das Wort "Werbung" dabeistehen muss - wenn also Werbung und Inhalt auf einer Seite war, dann musste das abgegrenzt sein und der werbende Teil oder der weiterführende Hinweis - heute würde man sagen: Link - musste mit dem Wort "Werbung" gekennzeichnet sein. Dann ist der Bildschirmtextstaatsvertrag entstanden, mit dem das ganze Thema bundesweit geworden ist. In der Folge hat man dieses "Werbung" verkürzt auf den Buchstaben "W" - es musste ein "W" hin! Und jetzt hat man überhaupt keine Vorschriften zur Kennzeichnung mehr, jetzt gibt es nur die Regelung im Mediendienstestaatsvertrag, die da lautet: "Werbung muss als solche klar erkennbar vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein" - das ist also die einzige Regelung, die es in dem Sinne dazu gibt. Von besonderer Kennzeichnung ist da nicht die Rede, es muss eine eindeutige Trennung vorhanden sein, die Werbung muss klar erkennbar sein!


Geldverdienst.de: Es ist ja bei Werbebannern immer noch verbreitet, "Werbung" oder "Anzeige" neben das Banner zu schreiben. Das muss also gar nicht sein?

Kontrollbehörde: Das muss in dem Sinn nicht sein. Solange die Werbung klar erkennbar ist und das würde ich bei den Bannern, die ich bisher gesehen habe immer so verstehen. Ein Banner ist Werbung, was soll es denn sonst sein?


Geldverdienst.de: Denn ein Banner ist durch seine Form alleine ja schon als Werbung erkennbar...

Kontrollbehörde: Ja! Es kann schwieriger werden, wenn das Banner irgendwo im laufenden Text untergebracht wird. Dass man diese Vermischung nicht mehr möchte, ist klar! Getrennt sollte es sein, aber der Banner am oberen oder unteren oder seitlichen Rand - diese üblichen Dinge - das ist eine Abgrenzung, die uns ausreicht!


Geldverdienst.de: Kommen wir zurück zum Link. Nehmen wir eine geschäftliche Website und sagen, der Inhaber empfiehlt jetzt ein Buch zum Thema. Ist das jetzt erlaubt?

Kontrollbehörde: Erlaubt ist es sicher, es muss nur getrennt sein. Im Text muss irgendwo ein gewisser Abschnitt sein, an dem man erkennt, dass da jetzt Werbung kommt! Meinetwegen eine Empfehlung für ein Buch, dass irgendwie dazugehört. Bei den Suchmaschinen ist es ja üblich, daß zum einen die Ergebnisse kommen und zum anderen noch "Bücher zu diesem Thema" als Extra-Abschnitt - das ist eine typische Art und Weise, auf die man das machen kann!


Geldverdienst.de: Nochmal: Banner müssen hierzulande nicht mit "Werbung" gekennzeichnet sein. Richtig?

Kontrollbehörde: Nach unserer Meinung ja!


Geldverdienst.de: Das heisst, die ganzen Betreiber, die das jetzt machen, könnten das eigentlich bleiben lassen?

Kontrollbehörde: Das ist eine Freundlichkeit gegenüber dem Kunden. Wir werden nichts dazu tun, daß das wegkommt. Es ist eine Klarstellung, eine Verdeutlichung, es schadet nicht! Wenn es gemacht wird, ist es schön, wenn es nicht gemacht wird, ist es aber auch nicht problematisch, da nicht vorgeschrieben.


Porträt

Manfred Ilgenfritz

Geldverdienst.de: Dieser Mediendienstestaatsvertrag, wurde der eigentlich vor den Zeiten des Internets formuliert?

Kontrollbehörde: Ja und Nein: vor den Zeiten des Internets gab es ja den sogenannten Bildschirmtextestaatsvertrag. Der Mediendienstestaatsvertrag dagegen ist sozusagen mit der Internetzeit entstanden und jetzt neugefasst worden - er ist so etwa auf der Höhe der Zeit, würde ich sagen! Man hat die neuen Medien gesehen, wollte möglichst große Verbreitung und Akzeptanz und hat dann eben Rahmenbedingungen sowohl für Mediendienste wie auch für Teledienste geschaffen. Dazu gehört diese Werbe-Angelegenheit, von der wir gerade gesprochen haben, aber auch der Datenschutz, der Verbraucherschutz und der Jugenschutz!


Geldverdienst.de: Es gibt ja auch Internetseiten, wo jeder Link, jedes Banner und jede Grafik Werbung ist, quasi eine Dauerwerbeseite. Was müsste man da machen?

Kontrollbehörde: Wenn die ganze Seite nur aus Werbung besteht, dann ist da auch keine Trennung notwendig. Dann ist das ein reines Werbeblatt, so wie man auch in der Presse irgendwelche Werbeprospekte bekommt, ein elektronischer Werbeprospekt eben!


Geldverdienst.de: Also es geht immer nur um die "Trennung"...

Kontrollbehörde: Ja, richtig: keine Vermischung zwischen Information und Werbung. Klarstellung für den Verbraucher - wo endet die Information und wo fängt dann Wirtschaftswerbung an!


Geldverdienst.de: Wie wird das gehandhabt, wenn jemand gegen diese Regel verstösst, sagen wir massiv Werbung mit Inhalt vermischt. Unterstellen wir, die Onlinepräsenz einer grossen Zeitung bringt plötzlich Autowerbung mitten im Text und verkauft über diesen Link Autos...

Kontrollbehörde: Nun, wir würden diesen Anbieter erst darauf hinweisen, das sind die Regeln §18 im Mediendienstestaatsvertrag zu den Aufsichtsbehörden. Dort steht im Absatz 2: "Wenn Verstösse festgestellt werden, dann treffen die Aufsichtsbehörden die zur Beseitigung des Verstosses erforderlichen Maßnahmen". Zunächst also ein Hinweis und wenn das eben nicht fruchtet, kann es eine Untersagung und eine Sperrungsanordnung geben, Verstösse gegen diese Anordnungen wiederum sind dann bußgeldbewährt.


Geldverdienst.de: Aber es läuft genau in dieser Reihenfolge ab, sprich: es gibt erst nach Hinweis und Untersagung ein Bußgeld. Sie machen also keine Anrufe und sagen "Sie haben gegen das Gesetz verstossen und schulden uns 20.000 Mark!"?

Kontrollbehörde: Die machen wir nicht. Richtig, ja!


Geldverdienst.de: Sie wissen ja aus Ihrer Erfahrung, daß die Zahl auch der deutschen Webseiten unglaublich groß ist und auch daß die Zahl der Webseiten, die diese Regeln nicht kennen oder unwillentlich gegen sie verstossen, sicher ungeheuerlich hoch! Wie kann denn eine  Behörde wie diese die Gesamtzahl der Webseiten kontrollieren?

Kontrollbehörde: Die absolute Kontrolle ist nicht möglich und auch nicht gewollt. Wir machen Stichproben, wir stossen auf die Websites durch Kontakte von außen, durch Beschwerden von Bürgern und Betroffenen, unterschiedlichste Anstösse, die aus irgendwelchen Ecken kommen! Wir schauen uns das dann eben an und sind wir der Meinung, es handele sich um einen Verstoss, dann gibt es eben diesen Hinweis. Sind es gravierende Dinge, müssen wir natürlich sofort tätig werden. Das sind Jugenschutzfragen, Straftaten und solche Dinge...


Geldverdienst.de: "Gravierend" ist es wahrscheinlich dann, wenn es um Pornografie o.ä. geht...

Kontrollbehörde: Das ist richtig, ja! Da gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden, Jugendschutzbehörden und Polizei und das geht dann oft sehr schnell, solche Angebote abzustellen...


Geldverdienst.de: Wahrscheinlich konzentriert sich Ihre Tätigkeit dann auch vor allem auf solche Verstösse anstatt auf diese Werbesachen...

Kontrollbehörde: Genau. Da muss man Prioritäten setzen, Anbieter- kennzeichnung und Klarheit von Werbung sind Rahmenbedingungen, die es auch gibt, aber die Schwerpunkte sind zweifelslos in problematischeren Bereichen.


Geldverdienst.de: Sie sprechen von "Anbieterkennzeichnung". Damit ist wohl ein Impressum gemeint. Wie sieht ein rechtsgültiges Impressum aus?

Kontrollbehörde: Es gibt da eine gleichlautende Regelung, sowohl im Telediensterecht wie auch im Mediendienstestaatsvertrag §6: "Die Anbieter haben für Ihre Angebote anzugeben: erstens Namen und Anschrift und zweitens bei Personenvereinigungen und Firmen auch Namen und Anschrift des Vertretungsberechtigten."


Geldverdienst.de: Der Mediendienstestaatsvertrag, von dem Sie jetzt reden, gilt der in der Form nur für Bayern?

Kontrollbehörde: Er ist ganz hinten unterschrieben von allen Bundesländern, und inhaltsgleich in allen Bundesländern veröffentlicht.


Geldverdienst.de: Können Sie uns mal ein konkretes Beispiel geben, wo es einen Konflikt mit Werbung/Inhalt gab und so ein Hinweis stattgefunden hat?

Kontrollbehörde: Da hatten wir bisher noch keinen Fall dazu, diese Fragen "Werbung und Inhalt"  hat bisher nicht zu Problemen geführt.


Geldverdienst.de: Kein einziger Fall?

Kontrollbehörde: In früheren Zeiten im Bereich Bildschirmtext, als diese Kennzeichnung noch da war, war es auf einfache Weise feststellbar, ob es nun gekennzeichnet war oder nicht. Diese Frage, die Sie jetzt aufwerfen, hat weder von unserer Seite - daß wir bei Stichproben irgendetwas festgestellt hätten - noch durch Beschwerden von Betroffenen zu irgendwelchen Maßnahmen geführt. Das war bisher für uns kaum ein Thema, weil die wichtigen Punkte einfach diese ganzen Angelegenheiten überlagern: Jugenschutz, Kinderpornographie, Rechts/Links-radikale Angebote, Straftaten, betrügerische Machenschaften. Das steht so im Vordergrund, daß die anderen Angelegenhieten etwas zurückgestellt sind und bei den Betroffenen eigentlich auch nicht das große Interesse hervorrufen.


Geldverdienst.de: Wieviele Leute arbeiten hier, wenn es mal im konkreten Fall um Kontrolle gehen würde?

Kontrollbehörde: Konkret für den Bereich Mediendienstestaatsvertrag sind das wir beide.

Haben Aufsicht über Bayern!

Geldverdienst.de: Zwei Leute für ganz Bayern?

Kontrollbehörde: Für ganz Bayern, wobei wir aber nur im Bereich Mediendienstestaatsvertrag für ganz Bayern tätig sind. Im Bereich Teledienste haben wir noch die Kollegen bei den anderen Regierungen!


Geldverdienst.de: Vielen Dank für dieses Interview!

Kontrollbehörde: Danke schön zurück!